Dienstag, 9. November 2010

Ist dies auch Wahnsinn, hat er doch Methode?

Die Gemüter sind erhitzt, die Wohnungen kalt – weil schlecht gedämmt. Jahrzehntelang leben Mieter mit hohen Heizkosten, weil dem Vermieter die Modernisierung des Hauses zu teuer ist.
Dann sagt der Bund zum Vermieter: "Kerle, Du muscht renoviere!" – und verdonnert den Mieter dazu, sich an den Kosten zu beteiligen.
Ja nee, is klar! Dann lieber bibbern und sich erkälten.

Apropos: die Gemüter sind erhitzt, ja geradezu fiebrig, angesichts der x-ten Gesundheitsreform. Sagt der Bund zum Arbeitnehmer: "Kerle, Du schaffscht zu wenig und machscht zu oft krank! Geht nedde!"
Deshalb werden die Beiträge der Arbeitnehmer erhöht, Zusatzbeiträge eingeführt, Leistungen geschmälert und Renditen maximiert – die der Krankenkassen, versteht sich.
Der Arbeitnehmer, der sich eh immer seltener zum Arzt traut, blecht daraufhin mehr und mehr und mehr und verbeißt sich seine Zipperlein, während der Hartz-IV-Empfänger sich derweil die Lächelzähne bewerbungsfreundlich richten lässt – oder auch nicht, denn…

Die Gemüter sind erhitzt, die Diskussionen noch mehr. Der Bund redet viel und sagt nix – zum gemeinen Hartz-IV-Empfänger. Also "gemein" im Sinne von "normal". Denn es gibt praktisch keine normalen.
Der "Hartz-IV-Empfänger als solcher" ist "im Normalfall" entweder um die vierzig bis fünfzig und deshalb "nicht vermittelbar", oder durch Krankheit oder Unfall zwar nicht erwerbs- aber eben berufsunfähig und für andere Berufe über- bzw. unterqualifiziert, oder sein Abschluss als Hausfrau, Schweißer oder Ingenieur wird in Deutschland nicht anerkannt, oder er/sie hat den falschen Nachnamen oder schlicht keinen Bock, oder, oder, oder.
Wie man es dreht und wendet: der "Hartz-IV-Empfänger an sich" ist entweder zu normal um normal zu sein, oder er war es nie gewesen.
Oder er ist – eigentlich – Rentner.

Apropos: Auch deren Gemüter sind erhitzt – haben ja sonst auch nix zu tun… 
Da zahlt man jahrzehntelang in die Rentenkasse ein und kaum will man davon leben, sagt der Bund: "Kerle, Du kriegscht ned was Du eibezahlt hascht, sondern was der Rescht jetzt eibezahlt!"
Das ist so bekloppt, dass es schon ein Klopp-Zitat braucht: "Ganz großes Tennis!" Kein Wunder, dass so mancher einen auf Boris Becker macht und in die Schweiz abhaut. Wegen der Steuern und so…

Apropos: Die Gemüter sind erhitzt, die Hotelzimmer auch; lohnt sich ja jetzt wieder! Da staunt das gemeine nicht-fahrende Volk! Als kinderloser Single aus der ehemaligen Mittelschicht überlegt man sich nämlich dreimal, ob man dieses Jahr in Urlaub fährt oder nicht, weil bei Steuerklasse I eben mächtig zugelangt wird. Und wenn man fragt warum, heißt's lapidar: "Ei Kerle, weil halt alles so teuer isch! So en Atomendlager koscht halt wie d' Sau! Un von wem solle mer's sonscht hole?"
Ja nee, is klar…

Apropos: Die Gemüter sind erhitzt wie Brennstäbe. Öl wird knapp, Uran wird knapp, Endlager sind es seit eh und je. Wir brauchen dringend saubere Energien.
Da sagt der Bund: "Strom aus Atom isch sauber!"
Ach ja? Gut, den Strom selbst mag mit gutem Willen als sauber bezeichnen können, den Uranabbau kann man das nicht und die Endlagerung noch viel weniger. Ganz davon zu schweigen, dass wir noch gar kein Endlager haben.
Darauf der Bund eloquent: "Die Spaltung von Haaren ist nicht annähernd so effizient wie die von Atomen!"
So, so. Na, "uns Angie" muss es ja wissen, ist ja Physikerin. Wobei sie ja auch beweist, dass es offensichtlich leichter ist, ein Kernkraftwerk anzuschalten, als ein Gehirn, denn…

Die Gemüter sind erhitzt. So sehr, dass es zur Kühlung schon Wasserwerfer braucht! Vielleicht hält "uns Angie" ja "S21" für ein neues Modelabel in Größe S, oder sie denkt, das "S" stünde für "Schuhe" oder "Siemens" oder für andere deutsche Qualitätsarbeit. Oder sie denkt, der Ex-Nordflügel eignete sich prima als Atomendlager! Oder als Seniorenheim! Oder als Auffanglager für Hartz-IVler. Vielleicht dachte sie auch nur, dass die Bahn so Heizkosten spart! Vielleicht dachte sie auch gar nix. Keine Ahnung. Hat Angie auch nicht. Ist ihr aber egal. Während ihr Volk mit Füßen getreten wird, tritt unsere Chefzer… - äh, Tschuldigung: vertreterin höchstpersönlich verbal nach. Und andere Schafe blöken mit. Schließlich sogar der gutte Guttenberg, der Menschheit letzte Hoffnung auf einen integren Politiker.
Anscheinend meint die CDU/CSU, ein Magath könne nicht irren: "Qualität kommt von Quälen, und wer S21 durchquält hat am Ende Top-Quälität!
Si tacuisses, philosophus mansisses? Oder werden die Dämlichen und/oder Herrlichen da oben durch ihr Geblöke erst zum Philosophus? Ist Wahnsinn möglicherweise gar die Steigerung des Genies? Ist Wahnsinn vielleicht sogar der nächste, natürliche Schritt in der Evolution des Menschen und die Regierenden uns allen eben jenen Schritt voraus?

Dann – aber nur dann – hätte dieser Wahnsinn wahrhaftig Methode…

Freitag, 15. Oktober 2010

Deutschland, eine Demo-Kratie


Die "Bundesrepulik" Deutschland – wortgewordene Volksherrschaft! 
Denn wir sind ein verbundenes, vereintes Volk und eine „Republik“. Das lateinische „res publica“ bedeutet: „Sache oder Angelegenheit des Volkes“. Außerdem sind wir eine „Demokratie“. Das griechische „demos kratein“ bedeutet: „das Volk herrscht, regiert“. 
Manchmal tut es das auch mithilfe von „Demonstrationen“. Das lateinische „demonstrare“ heißt nichts weiter als „vorzeigen“, „aufzeigen“ oder „auf etwas hinweisen“ und hat eigentlich gar nichts mit dem griechischen „demos“, also dem „Volk“ zu tun. Allerdings wird die „Demonstration" gerne zu „Demo“ abgekürzt und im Plural so zu eben jenen „Demos“, die sinnigerweise die gegenwärtige Situation perfekt widerspiegeln:

In dieser unserer Bundesrepublik, in der das Volk seine Angelegenheiten eigentlich selbst regeln sollte (demos kratein res publica), geht eben jenes Volk auf die Straße (lateinisch: via), um darauf hinzuweisen (demos demonstrant), wie schlecht eben jene Angelegenheiten von seinen gewählten Vetretern umgesetzt werden (modus operandi homo politicorum). Zum Unwillen der Politiker beherrscht so der Willen des Volkes das tägliche Geschehen (demos kratein per demonstrare via Demos modus operandi homo politicorum). Und in der Tat ist es das griechische „demos“, das auf die Straße geht, das Volk in all seiner Diversität, und nicht etwa nur der lateinische „plebs“, das gemeine Fußvolk ohne Rang und Namen.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich der gemeine Volksvertreter verwundert die Augen reibt; klingt ihm doch noch immer das Echo eines seiner namhaften Kollegen, eines halslosen bairischen Laufvogels, in den Ohren, der dereinst  voluminös dröhnte: „Vox populi, vox Rindvieh!“ – zu Deutsch etwa: „Die Meinung des Volkes ist mir soviel Wert wie der Furz meines zukünftigen Hüftsteaks!“. Und nun sind es die Volksvertreter selbst, die gegrillt werden in der Hitze des Unmuts des „populus“, des „demos“, der Basis ihrer höchsteigenen Grillparty (barbequeuus regentii). 

Und Homo politicorum ist mit seinem Latein und Griechisch am Ende.
Quod erat demonstrandum!

In diesem Sinne: Ave populus, vivat demos! Manete super! (Oben bleiben!)